Ja, wechselhaft passt als Überschrift. Zumindest meteorologisch. Das Eingangsfoto oben versinnbildlicht es. Immer wenn ich das Cockpitzelt aufbaue, scheint entweder die Sonne knallbummelheiß vom Himmel, oder es regnet. In diesem Fall ist es eher Letzteres – obwohl die Sonne auch immer mal in Erscheinung tritt. Beginnen wir aber von vorn.
Sigrid und ich sind nun seit einer Woche an Bord und machen wieder einmal – Familienjargon – „Datscha-Tage“. Heißt: wir benutzen Rüm Hart als schwimmende Ferienwohnung, als Datscha halt. Der echte Hardcore-Segler rümpft an dieser Stelle die Nase. Soll er meinetwegen, aber Tatsache ist, dass wir uns dabei wohl fühlen. Außerdem gibt es zwei sehr ernsthafte Gründe:
1. Kirsten – eine ganze Wilde. Kirsten, ihres Zeichens ein Sturm, tobt sich gerade über Nordeuropa aus, und Kirsten hat sich gestern und vorgestern intensiv mit den Niederlanden beschäftigt. Anständigerweise melden sich Kirsten und ihresgleichen heutzutage vorher bei den Wetteronkels und -tanten an, so dass man vorgewarnt ist – naja, besser: vorgewarnt sein sollte. Egal, jedenfalls weiß man dann, dass es besser ist, in Deckung zu bleiben. So auch wir. Rüm Hart wird in ihrem Heimathafen sturmfertig verschnürt. Neptun sei Dank wird unsere Nachbarbox in Luv rechtzeitig frei, so dass ich zusätzliche Strippen quer über selbige legen kann. Das gibt über die Leinenlänge eine schöne Dämpfung.
Dann geht es los. Hier im geschützten Hafen werden bis zu fast 40 Knoten Wind gemessen. Draußen in Stavoren bis über 50. In Beaufort: 8 und 10. Heiko und ich turnen nachts mit Stirnlampen, Rettungswesten und in Segelklamotten bei Regen auf fremden Schiffen rum, um Leinen nachzuspannen und Fender zu korrigieren. Das Problem ist der stark nachlassende Wasserstand im Hafen, weil der Weststurm selbiges nach Osten in die friesischen Meere (Binnenseen) drückt. Sicher ein halber Meter fehlt am nächsten Morgen und es bläst immer weiter.
Viele Boote sind in der Art der Leinenausbringung darauf nicht vorbereitet und rammeln mit Bugbeschlägen und Ankern auf dem Steg herum. Oder finden sich teilweise, z. B. mit der Scheuerleiste, unter selbigen wieder.
Gut, soweit die wilde Kirsten. Aber da war noch ein zweiter Grund für unser Datscha-Dasein:
2. Die Großbaustelle Rüm Hart. „Wechselhaft“ passt hier auch, denn alte, verbrauchte AGM Batterien müssen gegen neue gewechselt werden. Bereits im letzten Jahr, bei unserem Englandtörn, hatten Ole und ich nachts Batteriealarme. Jetzt sind sie wirklich hinüber und müssen ausgetauscht werden. Und zwar gegen Litiumbatterien. Genauer: LiFePo4 Akkus, 2 x 150 Ah als Servicebatterien. Plus eine 70 Ah AGM als Starterbatterie. Gewechselt wird bei der Gelegenheit auch das Ladegerät. Das Sterling fliegt raus, wird an den Liegeplatznachbarn verkauft, und ein Votronic Triple nimmt nun seinen Platz ein.
Über die Vorteile dieser Konfiguration will ich mich hier nicht auslassen, dazu fehlt mir die fachliche Kompetenz. Das kann man gut ergoogeln. Ich habe bei der Entscheidung auch auf Leute gehört, die viel tiefer in der Materie drin sind als ich.
Ergänzt wird das Ganze noch durch einen Victron Inverter. So dass ich nun auch bei längerem Verzicht auf Landstrom Gelegenheit habe, Laptop, Handy und Kameraakkus aufzuladen.
Da außerdem auch noch eine der beiden klappbaren Trittstufen in der Steuerbordbackskiste ausgebrochen ist – wichtig ist an dieser Stelle, dass die causale Quelle der Überlast Ole und nicht etwa Manfred heißt 🙂 -, ist es aus höherer Fotografen-Position schön zu beobachten, dass in beiden Backskisten gleichzeitig gearbeitet wird – wenn man ganz genau hinsieht.
Völlig ohne Strom funktioniert hingegen Sigrids neuer Omnia. Eine Art Gugelhupf-Auflaufform, die auf dem Gasherd hervorragende Brote, Brötchen, Kuchen, Aufläufe … was noch? … erzeugt. Nachfrage an meine Küchenchefin … Antwort: Alles! Mein Urteil: Lecker!!!
Zwischendurch kommt Besuch. Meri ist da. Meri ist eine ganz besonders Süße und darf deshalb ihr Herrchen Klaus mitbringen. Klaus hat sich, Meri und sein Schiff in der Nähe (Stadthafen Stavoren) vor Kirsten in Sicherheit gebracht und schaut auf Kaffee und Kuchen (na klar: Omnia – siehe oben) vorbei. Statt Kuchen bekommt Meri derweil ein trockenes Plätzchen im zeltüberdachten Cockpit. Das Leben ist ungerecht – findet Meri.
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