Meine und unsere Seglerwelt hat sich verändert – vermutlich altersgemäß. Es gibt ein paar Anzeichen, die unübersehbar sind. Zum Beispiel hat sich tatsächlich der Begriff aus der Überschrift in unserem Sprachgebrauch etabliert. Von Rentnersegeln sprechen Sigrid und ich, wenn wir wieder einmal nur unter Genua unterwegs sind und das Groß eingepackt lassen. Geht natürlich besonders gut bei maximal Halbwind-, besser aber noch bei Backstagkursen. Machen wir immer häufiger.
Überhaupt sind solche Kurse mit Wind im Nacken hohe Favoriten geworden. Sehr schön, tiefenentspannt von Stavoren nach Enkhuizen zu segeln, mit Wind von schräg hinten und kaum Krängung im Schiff. Man muss beim Bewegen im Schiff nicht zur Bergziege mutieren und bekommt den Kühlschrank auf, ohne dass man dessen Inhalt vor sich im Salon liegen hätte.
Auch unsere persönliche Windskala hat eine Reduktion erfahren. Wir mögen die gemäßigten Luftbewegungen bis – sagen wir – 14 oder 15 Knoten. Allem darüber weichen wir möglichst aus. Okay, wenn es uns erwischt und aus den vorhergesagten 15 werden 20 Knoten, dann geht das auch in Ordnung und bringt uns nicht in Lebensgefahr oder an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Aber mögen ist was anderes.
Daraus resultiert zwangsläufig eine weitere Veränderung des bisher Gewohnten: die Anzahl der Hafentage hat laut untrüglichem Logbuch eindeutig zugenommen. Wir mögen das Leben auf dem Schiff, wir mögen unseren Heimathafen, die Freunde dort, die Hafenkneipe, ja, sogar das reichlich vorhandene Unperfekte. Aber auch andere Häfen sehen uns öfter als früher für mehr als eine Nacht. Wir lieben nach wie vor das Segeln, allerdings in engeren Bedingungsfenstern – siehe oben.
Ein weiteres Thema: die Motorstunden. Bislang habe ich und haben wir für 100 Seemeilen gesamte Streckenleistung rund 10 Motorstunden auf der Uhr gehabt. Im letzten Jahr sind es 11,5 in diesem bis heute in etwa 12,5 geworden. Tendenz weiter steigend? Motorboot? …
Wir haben unsere Rüm Hart nun 12 Jahre, allerdings ist unser Schiff jung geblieben. Wir hingegen lieben es, am frühen Nachmittag im Hafen zu sein, Sigrid hat einen Mittagssnack vorbereitet, ich hau mich anschließend für ein Mittagsschläfchen hin (ganz besonders, wenn die Segelstunden unerträglich heiß und sonnig waren) und dann vertrödeln wir den Rest des Nachmittags an Bord. Herrlich!
Im Grunde genommen ist es wie beim Segeln mit Kindern. Und so schließt sich der Kreis auf wunderbare Weise.
Und damit herzliche Grüße aus Workum, wo wir seit heute Mittag wunderbar draußen vor der Schleuse liegen. Wir sind heute von Makkum über die friesischen Kanäle nach hier her gefahren, um den für das IJsselmeer angesagten 17 Knoten aus West-Südwest und damit einem ungemütlichen Kreuzkurs auszuweichen.
Ach herrie! Seid drei Jahren bin ich jetzt segelnder Rentner und schlafe immer lange aus. Daher verlasse ich eine Marina immer erst zum frühen Nachmittag 😁. Aber „Genuasegeln“ oder „Mitdieseln“ ist gar nicht so schlecht. Weiter handbreit! Gruß Gundolf
Kluge Worte und kluge Entscheidungen! „Mein Rücken“ hat mich ja gleich aufs Motorboot verschlagen, hat mir so den Umweg über ein Segelboot „erspart“ – auch da sagt mien Logbuch: Hafentage werden mehr, Lust auf bewegte Fahrten weniger und Mittagsschläfchen: immer wichtiger! Euch weiter gute Fahrt und faire Winde
Kalle