Reitersegler-Trilogie 3: nautische Raumlehre

DSCN1972(1) Kommen wir zum (vorerst) letzten Teil der Reitersegler. Natürlich wartet der wissbegierige Leser auf Aufklärung bezüglich der ’sperrigen Hardware‘. Nun, die Crew setzt sich aus sehr verschiedenen Typen aus sehr unterschiedlichen Berufen zusammen – genau das macht es ja so interessant. Eines aber eint die Bande: die Liebe zur Musik und zum guten Essen. Die Einen sind Virtuosen an der Klampfe, die Anderen am Kochlöffel. Es gibt sogar eine Schnittmenge, bestehend aus genau einer Person. Womit auch gleich die große Schwäche des Skippers ausgeglichen wäre, der weder kochen noch klampfen kann. Nix, null – in diesen beiden Talenten absolut kein Aktivist. Im passiven Genuss des Erzeugten aber ist er in beiden Fällen wieder ganz vorn dabei. Bleiben wir kurz beim Kochen, denn erwähnenswert ist, dass unser Chefkoch den Ehrgeiz hat, unterwegs nicht einkaufen zu müssen. Ok, die morgendlichen Brötchen und frische Zutaten zu den Kreationen aus der Bordküche müssen selbstverständlich zeitnah, also in jedem Hafen besorgt werden. Aber ansonsten sieht er es als seine Pflicht an, für die Dauer des Törns einen umfangreichen und ambitionierten Speiseplan zu entwerfen, der nicht nur das abendliche x-Gänge-Menü, sondern auch die Imbisse zwischendurch und sogar die Frühstücke beinhaltet. Ja sogar die Getränkeverbräuche – die Verwendung des Plurals mag ein vieldeutiger Hinweis sein – sind vorgeplant. Geplant, nicht geregelt! Wir wollen keine Meuterei riskieren. Und gemäß dieses Speiseplans, der an sich schon bei allen Crewmitgliedern akkute Erregungszustände erzeugt und den zu erwartenden nautischen Genuss in den Hintergrund treten lässt, muss eben vorher eingekauft werden.

Damit nähern wir uns dem Wesentlichen, denn Gitarren (mindestens zwei) und umfangreicher Einkauf müssen zwangsläufig nicht nur im Schiff untergebracht, sondern auch zu ihm hin transportiert werden. Sowohl für das Eine (Transport), als auch für das Andere (Unterbringung) scheiden kleine Fahrzeuge von vorn herein aus. Die Transportaufgabe ließ sich lösen, denn gute Beziehungen zum örtlichen Autohaus bescheren uns regelmäßig einen Ford Transit, der einzig durch die Erhöhung des hinteren Reifendrucks für diesen Zweck befähigt werden muss.

Die Unterbringung von musikalischem und lukullischem Equipment und deren Verbrauchern dagegen kann nur duch die Wahl des richtigen Schiffes sichergestellt werden. Na gut, dann nimmt man halt ein größeres. Ja wenn’s doch so einfach wäre! Denn große Schiffe sind nicht nur über Wasser groß, sondern auch unter Wasser tief. Wer meine Einträge vollständig und mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und Konzentration gelesen hat, wird sich an dieser Stelle an den Aufsatz vom 17. Januar (Showdown in Southampton) und an die dazugehörige Metaseite „Kimmkiele“ erinnern und wird wissen: Segelschiffe haben da unten noch was dran. Einen Kiel nämlich. Bei einer den geschilderten Unterbringungsaufgaben entsprechenden Segelyacht reden wir da durchaus schon mal über 1,80 bis 2 Meter Tiefgang. Während die niederländischen Gewässer eher flach sind und der Spaß bei 1,50 Metern aufhört. So mancher Skipper mit unten viel dran  hat da schon auf Schiet gesessen. Was also tun?

Die Lösung haben natürlich die Niederländer selber erfunden: Statt tief bauen sie ihre Schiffe breit und statt Kiele haben sie bewegliche Seitenschwerter. Herausgekommen sind dabei die typisch-holländischen Plattbodenschiffe mit selten mehr als einem Meter Tiefgang. Wunderbare Boote!

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Aber es gibt noch einen zweiten Lösungsansatz: Katamarane. Eigentlich sind sie die konsequente Fortsetzung des Prinzips ‚breit statt tief‘. Man baut zwei Rümpfe nebeneinander und verbindet sie mit einem Brückendeck, in dem man wunderbar leben kann. Das war unsere Ostsee-Lösung, nachdem wir die Ijsselmeer-Phase hinter uns hatten. Zunächst mit ‚Lamara‘, dann mit ‚Kumari‘, nachdem uns Lamara durch die beschriebenen, tragischen Umstände nicht mehr zur Verfügung stand.

Leider stehen Katamarane in den nordischen Breiten nur sehr begrenzt zum Chartern im Angebot, und so war ich heilfroh, mit Kumari einen Nachfolger gefunden zu haben. Der Kontakt mit dem Eigner war sehr unkompliziert und wir kamen ins Geschäft. Erst danach stellte sich heraus: der Mann ist Emsländer, kommt gebürtig aus meiner Heimatstadt, hat lange hier gewohnt und seine Mutter lebt nach wie vor noch hier.

Es gäbe so viel mehr zu erzählen. Spaßige Begebenheiten, blöde Missgeschicke, unwahrscheinliche Zufälle, herrliche Abende im Salon oder bei warmem Wetter im Cockpit eines Plattbodens oder Kats, berauschendes Segeln, riesige und niedliche Häfen, Wind von 0 bis 8 Beaufort und und und … Ich habe mir fest vorgenommen, dass mit Rüm Hart dieses Kapitel nicht abgeschlossen sein soll. Alle zwei Jahre ein 8tägiger Reiterseglertörn muss auch in Zukunft drin sitzen. Vielleicht wird Kumari dabei ja zur Dauerlösung. Denn in einer Sirius 310 DS bekomme ich weder sechs Segler, noch sperrige Hardware und erst recht nicht beides zusammen untergebracht.

Außerdem, die Reitersegler wären für Rüm Hart eine Zumutung. Da müssen wir zu Beginn noch ein bisschen sensibel sein…

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