Nervenprobe

Aber wirklich! Es ist ja nicht so, dass ich Langeweile hätte. Oder dass hier in Hals der Hund begraben wäre. Nein, es gibt genug zu tun, und der Ort ist auch ganz brauchbar. Manche nette Menschen kennen mich mittlerweile und grüßen im Vorbeigehen, bleiben sogar mal auf ein Schwätzchen stehen. Alle sehr freundlich. Dennoch will ich hier weg, raus Richtung Horizont (siehe Titelfoto) und dann rechts abbiegen nach Süden.

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Auch der Hafenmeister gehört zu dieser netten Sorte Mensch und lädt mich auf einen Kaffee nach oben in den Clubraum des ansässigen Segelvereins ein. Umgekehrt war er auch schon bei mir an Bord. Trotzdem entlässt er mich nicht aus der Pflicht, jeden Morgen zum Zahlautomaten zu schreiten. Da ist er streng.

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Heute mache ich einen Ausflug und fahre mit dem Bus nach Aalborg. Der Busfahrer spricht kein Englisch, aber Aalborg Centre versteht er natürlich. „Pensionist?“ fragt er. Hä? „Pensionist?“ wiederholt er, und dann fällt bei mir der Groschen. Ja klar bin ich Pensionist und zahle also nur 30 Dänischen Kronen statt sonst 100.

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Zurück im Hafen erzähle ich dem Hafenmeister, dass ich jetzt Pensionist bin. „May be, but not your ship“. Eisenhart der Mann. Es bleibt bei 145 DKR (ca. 20 €) pro Nacht.

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Seit Samstag bin ich nun hier und warte auf geeignetes Wetter. Seitdem kachelt es aus Ost-Südost, später aus Süd, mit bis zu 8 Bft. Das ist ziemlich exakt die Richtung, in die ich muss. Gegenan kreuzen kommt nicht in Frage, nicht bei diesen Bedingungen, zu denen auch eine ordentliche Welle gehört, die vor dem Hafen steht (und sogar im Hafen). Ein Fischer spricht von bis zu 4 m Wf Hals bearbdraußen. Windfinder meldet zwar erheblich niedrigere Wellenhöhen, und es kann gut sein, dass der Mann übertreibt. Aber trotzdem, ich bleibe fast eine Woche lang in Deckung.

Nun habe ich ein bisschen Hoffnung, dass ich morgen früh auslaufen kann. Der Wind soll heute Nacht auf West drehen, das würde sich ziemlich schnell auf die Wellenhöhe draußen vor der Küste auswirken. Windfinder kündigt einen guten halben Meter an, das ist harmlos. Auch der Wind selbst soll etwas nachlassen, und wenn es draußen doch noch zu heftig sein sollte, könnte ich mich im Bogen an der schützenden Küste langschleiche, dann müsste es gehen. Aber die Entscheidung fällt erst morgen früh, vielleicht aus erst Samstag.

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Mein nächstes Ziel wäre dann Bønnerup, ungefähr da, wo die blaue Nadel steckt (übrigens: Weiß ist tiefes Wasser, Blau flacheres). Die Luftlinienmessung von hier aus ergibt eine Entfernung von knapp über 30 Seemeilen. Wenn ich dem Küstenbogen folge, sind es wohl eher 35 sm. Mal sehen …

PS: weitere Ergebnisse einer Hafenwoche: eine neue Kolumne für die segeln, und unter den „Basteleien“ im Hauptmenü gibt’s auch was Neues