Finale

Eigentlich sollte man den Begriff „eigentlich“ ja möglichst selten gebrauchen, erzählt er doch meistens von verpassten Gelegenheiten und Chancen. Okay, aber tatsächlich wollten Sigrid und ich eigentlich noch einen schönen Saison-Abschlusstörn hinlegen. Das Wetter (für alle) und Corona (bei Sigrid, weitestgehend symptomfrei) grätschen uns allerdings gewaltig dazwischen und drängen uns auch nach Sigrids Gesundung ein paar ungeplante Hafentage auf. Wie schon in einem der letzten Beiträge thematisiert: bei deutlich über 20 Knoten Wind – zeitweise sogar über 30! – plus Regen muss ich da draußen nicht mehr rumtoben. Aus dem Alter bin ich und sind wir raus. Immerhin gibt es nicht nur einmal prächtige Regenbögen zu sehen, oft in Verbindung mit merkwürdigen Himmelsfärbungen.

Nun gut, wir lassen uns also auf außerordentlich gemütliche Hafentage ein mit der üblichen Bordroutine. Nur dass wir jetzt, zum Ende der Saison, ein bisschen über die Stränge schlagen und öfter ausbordig essen gehen, als wir das sonst tun (die Regel: einmal die Woche). So kommt es, dass ich nur ein einziges Mal mit dem abendlichen Abwasch dran bin – ihr wisst schon: Sigrid kocht, ich wasche ab und sorge für den Espresso danach -, das letzte Mal in diesem Jahr.

Eine Sturm- und Regenpause bringt Abwechslung und uns in Wallung: Segel abschlagen und zusammenpacken. Mit den beiden Vorsegeln haben wir wenig Probleme, das Groß macht hingegen schon etwas Arbeit. Es wiegt einfach mehr und ist halt sperriger. Aber auch das kriegen Sigrid und ich in kongenialer Zusammenarbeit hin, stopfen alle drei Segel in den Kofferraum und kutschieren das Ganze zu Ramses, dem Segelmacher in Koudum. Wie jedes Jahr. Ramses trocknet, reinigt, repariert und lagert ein. Bis zum Frühjahr. Das klappt seit Jahren tadellos und ist fair bepreist. Dieses Jahr allerdings wiegt er beim Anblick des Segelhaufens bedenklich den Kopf und macht eine besorgte Mine. Oh oh oh … 12 Jahre alte Segel … und das Groß schlabbert ja schon im Achterlik … soll ich da nicht mal ein Angebot machen … ?! Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen, der Mann hätte bei mir in die Lehre gegangen sein können … 😉 . Ok, soll er mal machen.

Stamppoteten 2023
Patrick

Und dann ist es soweit. Stamppoteten! Stamppot ist ein Kartoffelstampf, den man sich mit allerlei sündigem Beiwerk zu einer außerordentlich nahrhaften und leckeren Mahlzeit auf den Teller lädt. Zu diesem Zweck treffen sich die Männer des Hafens am Nachmittag zum Kartoffelschälen. Das eine oder andere Bierchen fördert die Eleganz am Schälmesser, und nach einer Stunde sind 40 Kilo Kartoffeln der äußeren, sandigen Hülle beraubt und in handliche Viertel verkleinert. Nun kommt Patrick ins Spiel. Patrick ist der begnadete Koch unseres Hafenrestaurants, und zwei Stunden später ergibt sich ein Bild, so wie es oben zu sehen ist. Vorher und nachher werden neue Talente beim Bogenschießen und am Shufflebrett gesucht und beim Kneipenquiz die Wissenden unter den Bootseignern. Das Ergebnis ist ein überaus unterhaltsamer und lustiger Abend. Niederländer und Deutsche in partylauniger Koexistenz.

im Winterhafen immer rückwärts

Am nächsten Morgen erwischt es mich dann doch noch. Nein, nicht die Auswirkungen des Abends zuvor, sondern das Wetter. Die Überführung zum Winterhafen nach Woudsend steht an, und ich bekomme richtig einen auf die Mütze. Wind mit bis zu 35 Knoten aus Nordwest und natürlich Regen. Also Hebel auf den Tisch. Zwei Stunden später bin ich da, wo ich hin will. Rüm Hart kennt das schon und parkt fast freiwillig rückwärts ein. Sigrid holt mich mit dem Auto ab, und nach weiteren zwei Stunden werfen wir zuhause die Kaffeemaschine an.

öffentliche Wallbox im Heimathafen

Viele Hafentage, wenig Seemeilen (etwas über 500) – so kann man die Saison 2023 auf den Punkt bringen. Halt, da war noch der vielwöchige Sommertörn inklusiv einmal außen rum von Den Helder nach IJmuiden und Amsterdam, den dürfen wir nicht unterschlagen. Vermisst haben wir die Inseln, die dieses Jahr auf unsere Liegeplatzgebühren verzichten mussten. Es hat irgendwie nie gepasst. Eine nichtnautische Besonderheit muss aber zum Schluss noch erwähnt werden: Han, unser Hafenchef, hat eine Wallbox für alle installieren lassen – siehe Foto. Wir können also jetzt direkt auf dem Hafengelände „tanken“. Was jedoch in Warns eh kein unüberwindbares Problem war. In dem kleinen Dorf mit vermutlich wenigen hundert Einwohnern gibt es sowieso schon fünf Ladesäulen.