Donnerwetter

Donnerstag (welch passender Name), 14. Mai 2015. Seit sechseinhalb Stunden bin ich unterwegs, früh um halb acht habe ich in Christiansø (eine der „Erbseninseln“ nordöstlich von Bornholm) abgelegt. Hab ein bisschen kreuzen müssen, weil die Windrichtung für mein Ziel nicht ganz passte. Es ist 14 Uhr, bis jetzt herrliches Wetter, aber – wie immer – rattenkalter Wind. Bislang war ich sehr auf den Verkehr konzentriert, weil ich, von Osten kommend, die Nordgrenze des VTG, des Verkehrstrennungsgebietes zwischen Bornhom und Schweden passiere. Memo: VTG sind sozusagen die Autobahnen für die ganz Großen, mit „Fahrspuren“ für jede Richtung.

Auf einmal entdecke ich voraus eine Gewitterfront, dunkle Wolken, Amboß-artig und bedrohlich. Ob ich zu sehr auf drei dicke Pötte geachtet habe, die von Backbord näher kamen, oder ob diese meteorologische Entwicklung wirklich so schnell ging – ich weiß es nicht (die beiden Fotos sind allerdings zehn, fünzehn Minuten später entstanden). Kurz habe ich die Hoffnung, dass das Gebilde vor mir nach Norden durchzieht, aber dann wird mir schnell klar, dass das Ganze zu meiner Angelegenheit wird.

Das als Einführung. Ab jetzt lasse ich mein Logbuch erzählen (die Zahlen vorweg sind die Uhrzeiten, knts = knots = Knoten)

1415 Gewitter voraus, kommt näher, Maschine an, Segel komplett geborgen, See wird steiler, Verschlusszustand, steuere von innen

1435 Wind aus W bis 25 knts (6 Bft.), raue See, Regen, voraus wird’s heller

1445 NW-Ecke der VTG-Grenze erreicht, Wind wieder normal, ca. 13 knts (4 Bft.), See kabbelig, bin noch unter der Gewitterwolke

1455 Gewitter, Donner, Blitz genau über mir, fette Regenfront voraus

1458 sehr starker Regen, neue Front St.b. voraus, Positionsbeleuchtung + Dampferlicht + aktiver Radarreflektor an

1510 Starkregen, sehr schlechte Sicht, Wind bis über 30 knts (7 Bft.) aus SSW

1515 starker Hagel, Sicht

1530 scheine durch zu sein, Regen hat aufgehört, Wind bei 2-3 Bft.), Sicht gut, Pos.beleuchtung aus, Sonne voraus, noch 6 sm bis Simrishamn, Kurs 310°

1640 fest in Simrishamn

Soweit ein Auszug aus dem tabellarischen Teil meines Logbuchs. Hier noch eine Ergänzung aus dem eher „lyrischen“ Teil:

… und dann ist ja eine Decksalon-Yacht klasse. Hab draußen alles klar gemacht und mich nach drinnen verkrümelt. Das Einzige das ich mir noch zu verbessern vorstellen könnte: Scheibenwischer zumindest an der rechten Frontscheibe. Bei Starkregen muss man sich mit der Nasenspitze davor stellen, um voraus noch was erkennen zu können. Ich versuch’s mal alternativ mit ner Nanoversiegelung.

Beim Anlegen kommt die Sonne wieder durch. Eigentlich schade, dass dieser Törn mit zweieinhalb Std. Motorfahrt enden musste. Aber eine interessante Erfahrung.

Okay, noch schnell Aktuelles: Bin immer noch in Simrishamn, weil ich auf Post (ein Express-Brief!!!) von Ole warte. Seit 5 Tagen nun. Der dreitägige Tripp zu den Erbseninseln mitten in der Ostsee war ein Zeitvertreib. Hier am Steg bildet sich so allmählich eine Sturm-Schicksalsgemeinschaft – s. Foto unten. Hinter mir nette Niederländer (sprechen perfektes Deutsch) mit einer Moody 41 Classic, dahinter Finnen die vorgestern mit Motorschaden reingeschleppt wurden und sehr dankbar für die Anlegehilfe waren. Rechts ein nettes deutsches Pärchen mit ihrer 50 Fuß Jeannaeu (*). Und ganz hinten rechts eine 15m Motoryacht mit zwei deutschen Männern, von denen ich für heute Abend zur Bootsbesichtigung eingeladen bin.

Hoffe trotzdem, dass ich spätestens Dienstag weiterkomme nach Åhus. Dort kommt Sigrid Mittwoch an Bord.

* Nachtrag: und wie ich seit zwei Stunden und drei nachmittäglichen Glas Weißwein weiß, mit einem ähnlichen Schicksal wie ich: Branchenkollegen

*****