Baumbremse
Immer mal wieder werde ich auf die Baumbremse auf der Rüm Hart angesprochen und gebeten zu erzählen, wie die Bedienstrippen verlegt sind. Das ist so trocken sehr schwierig und daher mache ich es hier mal mit Fotos.
3 wesentliche Teile wurden für die Baumbremse auf Rüm Hart nachgerüstet: 1.: die Bremse selbst natürlich, die knapp achtern des Baumniederholers unterm Baum angebracht ist (s. Titelfoto). 2.: das Paar einstöckige Umlenkrollen (Organizer) auf der Dachvorderkante wurde gegen ein doppelstöckiges Paar ausgetauscht (siehe Foto links (alt) und (neu) auf dem nächsten Foto im Hintergrund). 3.: an der Dachachterkante wurde ein kräftiges Paar Curryklemmen angebaut. Auf einem Teakholzsockel, der durch den Dachüberstand durchgebolzt ist. Deswegen auch der leichte Versatz der Schrauben nach achtern, dann ist unten Platz genug und man riskiert keine Beschädigung der Scheibe beim Bohren.
Die Leinen der Baumbremse sind beide als holende Parten ausgelegt, können also beide dichtgeholt oder gelöst werden. Das Problem war das Deckshaus, wenn man die Baumbremse vom Cockpit aus bedienen wollte. Und genau das wollte ich, sonst macht’s ja auch wenig Sinn.
Dieses und das nächste Foto zeigen den Verlauf der Strippen; vielleicht muss man reinzoomen, um’s im Detail sehen zu können. Sowieso erreicht man die Vollansicht aller Fotos durch anklicken – wie immer.
Von der Baumbremse (am oberen Ende des Baumniederholers) geht’s nach vorn unten zu Pkt. 1, ein kräftiger Schäkel am Wantenspanner, der als Umlenkpunkt dient.
Weiter nach vorn zum Ende der Selbstwendefock-Schiene zu Pkt. 2
Dann nach innen Richtung Mastfuß. Die Leine endet dort bei Pkt. 3 an einem losen Block einer 2fach Talje.
Deren stehende Part ist am Mastfuß angeknotet. Die holende Part wird bei Pkt. 4 am Mastfuß mit einem einfachen Block umgelenkt.
Von dort läuft die holende Part vor der Frontscheibe her nach oben zu den neuen doppelstöckigen Umlenkblöcken, Pkt. 5.
Dann längs über’s Dach nach achtern zu den Curryklemmen auf der Dachkante, Pkt. 6.
Die vielen Umlenkpunkte machen zwar das System etwas schwergängiger, verteilen aber die Kräfte sehr gut. Meine Erfahrung ist, dass das Ganze sehr feinfühlig an den beiden neuen Curryklemmen eingestellt werden kann.
Noch ein Wort zum Umlenkschäkel an Pkt. 1: Ich hab mir eine ca. 60 cm lange schwarze Strippe mit einem Auge an jedem Ende gespleißt. Die ist ganz unten durch den Toggel des Wantenspanners gezogen (heute mit einem Stück Schlauch geschützt). Beide Enden laufen parallel zum Wantenspanner nach oben. Oben auf der Wantenspannerhülse befindet sich ein Schäkel, der so groß ist, dass er zwar locker über das Quetschterminal des Wants passt, aber nicht über die Spannhülse des Wantenspanners nach unten rutschen kann. Beide Enden der Strippe laufen von unten nach oben durch diesen Schäkel und treten dann aus dem Wantenspanner-Verhüterli durch den Klettverschluss aus. In die Augen kommt dann der Schäkel, den man auf dem Foto o. r. sehen kann, und eben durch den läuft die Strippe von der Baumbremse. Ich denke, dass das so zu einer verträglichen Belastung des Wants bzw. des Spanners führt. Bislang jedenfalls. Die Strippe ist übrigens ein Hohlgeflecht und ein bisschen dehnfähig – was sich bei nur 60 cm aber auch wieder relativiert. Das Foto links zeigt es ohne „Verhüterli“, auch wenn das nicht ganz dem aktuellen Stand entspricht. Der Einscheibenblock wurde durch einen dicken Schäkel ersetzt (s. Foto oben).
Und so sieht die Baumbremse von innen aus. Die Bremswirkung entsteht durch die vielen Umschlingungen und kann durch Veränderung der zentralen Umlenkrolle (oben mittig) eingestellt werden. Man muss experimentieren.
Warum eine Baumbremse und keinen Bullenstander? Die Baumbremse ist permanent angeschlagen und immer einsatzbereit. Der Bulle wird oft zu spät geriggt und einer muss dazu auf’s Vorschiff oder zumindest auf’s Seitendeck (abgesehen von einigen Endlos-Lösungen o. Ä.). Außerdem: mit Baumbremse schwingt der Baum nach der Patenthalse sanft und kontrolliert auf die andere Seite, nimmt so Druck aus dem Groß und lässt das Boot sich wieder aufrichten. Der Bulle würde den Baum (und das Groß) auf Deubel komm raus auf der falschen Seite fixieren, egal wie viel Druck im Segel ist.
Meine Erfahrungen vom letzten Langzeittörn sind ausgesprochen positiv.
Nachtrag (Mai 2019):
Die Cloer Baumbremse hat nun 4 Jahre auf dem Buckel und gute Dienste geleistet. Aber die Rollen innen drin sind mittlerweile kaum noch drehbar, und das hat dazu geführt, dass die hindurch geführte Leine sehr angegriffen, fast schon zusammengeschmolzen ist (ich hätte die Bremse eine Nummer größer kaufen sollen). Ich habe sie jetzt gegen eine neue von Wichard ersetzt – siehe Foto oben. Aus 2 Gründen:
Erstens hat die neue kein geschlossenes Gehäuse, man sieht, in welchem Zustand die Leine ist, ohne irgendwas demontieren oder öffnen zu müssen.
Zweitens bietet die neue eine dreistufige Einstellmöglichkeit, je nachdem mit wie vielen Umschlingungen die Leine hindurch geführt wird. Auf dem Foto oben sind es 2 von 3.
Erste Erfahrungen sind positiv.