Tja – so schnell geht’s. Kaum hat das seelige Seglerleben für mich angefangen, ist es auch schon wieder zuende. Vorläufig jedenfalls. Aber ein letzter Törn am letzten Wochenende im Oktober muss noch sein. Letzterer gibt sich erwartungsgemäß: grau, diesig, kalt-windig. Aber nicht nass. Und das ist ja schon mal was. Und auch die nächtlichen Temperaturen sind eigentlich angenehmer, als man es so kurz vor dem Übergang zum November erwarten darf. Kurz: ideales Segelwetter für Nordlichter. Freitagmittag sind Ole und ich in Stavoren. Noch mal schnell für kleine Segler und los geht’s. Ziel: Makkum, ganz oben rechts am Ijsselmer. Aber das wird nichts, weil unterwegs der Wind total einschläft. Also biegen wir rechtzeitig ab und landen – wieder mal – in Hindeloopen. Der freundliche Liegeplatznachbar nimmt beim Anlegen die Vorleinen an, und wir kommen ins Gespräch mit ihm und seiner Frau. Zu meiner Verwunderung halten sie uns offensichtlich für alte Bekannte. Das ist keine Verwechselung, sondern das Ergebnis niederländischer Beobachtungserinnerung: „Ihr seid doch heute das dritte Mal hier. Beim ersten Mal habt ihr dahinten gelegen und euer Anlegemanöver war ein bisschen chaotisch …“ Peng! Es muss so chaotisch gewesen sein, dass wir den lieben Mitmenschen hier in Erinnerung geblieben sind. Wir grinsen verlegen und erklären das mit der besonderen Anspannung einer Jungfernfahrt und der Anwesenheit der familiären Damenwelt. Und ist es nicht schön, dass wir Ende Oktober noch sooo passables Segelwetter haben … ?!
Erstaunlich, was in Hindeloopen noch los ist. Während in Stavoren bereits kollektiver Winterschlaf gehalten wird, gibt es hier noch Leben im Hafen. Und auch beim späten Bier in der Hafenkneipe sitzen wir nicht allein an der Theke. Dann noch der hervorragende Bäcker, ein kleines Schwimmbad, ein guter Yachtausrüster, ein pittoreskes Dörfchen – Hindeloopen wird mir zur zweiten Heimat am Ijsselmeer.
Am nächsten Morgen geht’s weiter mit Kurs Südwest auf Medemblik zu. Ein ebenso sehenswertes Städtchen an der Westseite. Schick vor allem der Blick auf die Burg Radboud gleich an der Hafeneinfahrt. Wir liegen im Stadthafen unterhalb der Burg, mit kurzem Weg zur Keramikabteilung des Hafens und gleich oben drüber das Hafenrestaurant. Niederländischer Pragmatismus. Ole kocht Nudelpampe zum Mittagessen und geruht hinterher zu ruhen, nur ein Viertelstündchen. Ich mache mich an die Beseitigung der entsprechenden Spuren, räume auf und um und entspanne beim Lesen. Die Ruhephase an Bord dauert dann einige Viertelstündchen länger als geplant und es hätten auch noch mehr werden können, wenn mich nicht die Radellust gepackt hätte. Also packen und klappen wir unsere Bordfahrräder aus und erkunden die Stadt, radeln zur Burg und zum Regattazentrum vor den Toren der Stadt.
Und weil die Pasta ganz offensichtlich immer noch zu wenig Ruhe für ihre eigene Verwertung hatte, fällt das Abendbrot aus. Nur zwei drei Bierchen im Restaurant überm Klo werden zur therapeutischen Verdünnung der Mittagspampe noch benötigt.
Unweigerlich ist der nächste Tag der letzte Segeltag für dieses Jahr. Mir unterläuft ein Navigationsfehler, ich stecke den Kurs auf Hindeloopen statt auf Stavoren ab. War Sigmund Freud ein Segler? Na ja, immerhin beschert uns das einen kleinen Weg-verlängernden Bogen. Sonntagmittag sind wir zurück im Heimathafen. C’est fini – das war’s für dieses Jahr. Eine Nacht noch an Bord, morgen wird das Boot winterfest gemacht und kommt aus dem Wasser.
Aber davon erzähl ich lieber im nächsten Beitrag, sonst wird’s zu lang. Und zu traurig.