Die Abenteuer von Rüm Hart

Rund 190 Kilometer ist das Ding lang. Wir sind in Motala, und damit haben wir ziemlich genau die Hälfte geschafft. Keineswegs langweilige Kilometer, trotz der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von nur 5 Knoten. Die fahren wir sowieso höchst selten. Meistens tuckern wir so mit ca. 4 bis 4,5 durch die wunderbare Landschaft. Ist auch völlig egal. Denn die Kollegen, die vor uns unbedingt die „5“ auf dem Tacho stehen haben müssen, kassieren wir vor der nächsten geschlossenen Brücke oder Schleuse gleich wieder ein.

Es geht halt langsam voran. Beispiel gestern: 12 Seemeilen (=22 km) von Berg bis nach Borensberg. Nach exakt 5:45 Stunden sind wir da. Dafür bräuchte man kein Schiff, das könnte man auch schwimmend schaffen. Aber: vier Doppel- plus eine einfache Schleuse plus zig Hub-, Dreh- oder Klappbrücken „pflastern seinen Weg“. Das hält schon mal ein bisschen auf, vor allem, wenn vor den Schleusen Gegenverkehr oder vor Eisenbahnbrücken erst der nächste Zug abzuwarten ist.

Die Schleusen sind sowieso ein Kapitel für sich, da gibt es noch Spezielles zu erzählen und zu berichten. Kommt.

Der Kanal wurde von dem Deutsch-Schweden Baltzar von Platen geplant und in 22 Jahren erbaut. 1832 war feierliche Eröffnung durch König Karl XIII. Ohne den guten Baltzar. Der war durch Ableben 3 Jahre vorher leider verhindert. Wenn man sein Lebenswerk befährt, dann fühlt man sich tatsächlich ein bisschen in seine Zeit versetzt. Schmal, eng und kurvenreich ist das Gewässer. Bei Gegenverkehr wird es manchmal ganz schön eng. Daran, dass Schiffe mal groß und erwachsen werden, haben die damals schlicht nicht gedacht.

Dran gedacht haben sie aber, ihm ein schönes, geräumiges Grab direkt am Kanal, knapp östlich von Motala, einzurichten. Eine noble Geste.

Übrigens geht der Göta Kanal NICHT von Stockholm nach Göteborg. Ein weit verbreiteter Irrglaube. Sondern von Mem an der Ostküste Schwedens (deutlich südlich von Stockholm) bis nach Sjötorp an der Ostseite des Vänern-Sees. Der Rest des Weges nach Westen führt erst quer über den Vänern und dann wieder durch einen Kanal, aber diesmal heißt er Trollhäte Kanal, nach Göteborg. Siehe Karte.

Spannend ist immer die Begegnung mit einem der drei Göta Kreuzfahrtschiffen, der Juno, der Diana oder der Wilhelm Tham. Die stammen wirklich alle drei noch aus den Startzeiten des letzten Jahrhunderts und stehen heute unter Denkmalschutz. Ich hab mich mal erkundigt, was so’ne „Kreuzfahrt“ von Göteborg bis nach Stockholm kostet: die orthopädische Gesundheit. Die Betten sind 1,85 m kurz.

Sehr viel bequemer ist es im Göta Hotell in Borensberg. Nein, beim „Ell“ habe ich mich nicht verzählt. Die Schweden schreiben Hotell genau so – siehe Foto. Wir können es nicht lassen und wiederholen einen wunderbaren Abend, der uns an unsere Autoreise durch Schweden vor 8 Jahren erinnert. Damals haben wir hier übernachtet und gespiesen. Heute liegt unsere schwimmende Behausung draußen, fast vorm Hotel. Aber den letzten freien Tisch für den Abend können wir gerade noch reservieren. Total lecker, beides – Speisen und Getränke. Zu jedem Gang gibt es den passenden Wein nach Auswahl des Hauses. So gut kann man sonst nur im Ratskeller zuhause in Lingen essen. Allerdings mit einem Unterschied: der Preis. In Schweden abends zum Essen auszugehen ist teuer. In’s Göta Hotell zu gehen, ist … sauteuer. Kann man halt nur alle 8 Jahre machen.

Hier in Motalla werden wir eine kleine Pause einlegen. Sigrid pflegt ihr Knie nach einem Sturz bei einem Hilfeeinsatz für ein anlegendes Boot, wir müssen unsere Vorräte auffüllen, ich habe noch ein paar Kleinigkeiten am Boot zu tun und die nächste Kolumne für die segeln ist auch in Arbeit. Und dann steht noch ein dringender Besuch in der Kungsgatan 20 an. Unser „Weinkeller“ an Bord gähnt – vor innerer Leere, und ebendort in der Kungsgatan findet man den hiesigen Systembolaget, wo staatlich sanktioniert Alkohol über 3,5 Umdrehungen verkauft werden darf.

Wer mehr wissen möchte, für den gibt’s jetzt noch eine Göta Kanal Linksammlung

• Die offizielle Seite des Göta Kanals
• Das weiß wikipedia über den Kanal
• und das über Baltzar von Platen (ein interessanter Typ)
• Und hier gibt’s Infos über eine Göta Kanal Schiffsreise

So, Schluss jetzt. Ich muss noch Logbuch schreiben 😉