Rock mit Ring

Gaaanz vorsichtig taste ich Rüm Hart an den Felsen ran. Als ich von meinen Land-Helfern signalisiert bekomme, dass es jetzt reicht – setzt die Atmung wieder ein. Man weiß ja nie, wie sich so’n Riesenkieselstein unter Wasser fortsetzt. Aber mein Schiff stößt nirgendwo gegen, die netten Schweden können sich mit langem Arm meine Bugleinen schnappen und klick links, klick rechts, die Karabinerhaken an die im Fels eingeschlagenen Ringe befestigen. Jetzt mit ein bisschen Kraft den ca. zweieinhalb Bootslängen vor dem Felsen über Bord geschmissenen Heckanker dichtholen, belegen, fertig, Maschine aus. Das erste Mal, dass ich mich der schwedischen Gewohnheit anpasse und an den Felsen gehe. Da liegen auch schon 10 oder 15 Boote und haben mir eine Lücke freigelassen.

Bei solchen Gelegenheiten leben die Schweden auf den Felsen. Vom Sonnenbad bis zum Mittagsschlaf, vom Frühstück bis zum Grillabend, alles findet on the rocks statt. Wetter vorausgesetzt natürlich. Nur Feuer direkt auf dem Stein geht gar nicht, das ist im gesamten Schärengebiet verboten. Die Steine könnten platzen. Deswegen zieht sich der Eine oder Andere schon mal zum Grillen auf die Badeplattform seines Schiffes zurück.

Kontakt bekommt man sofort. Wenn man im „Landeanflug“ einen fragt „could you give me a hand, I’m alone on board?“ springen fünf nette Menschen auf und helfen. Englisch sprechen alle, das ist keine Frage. Einige sogar ein bisschen Deutsch, vor allem wenn man auf Finnen trifft, die sich hier auch eifrig tummeln. In der Felsenbucht bin ich allerdings der einzige nicht-Schwede, und ich höre zum Schluss auf zu zählen, wie oft ich die Geschichte meiner Reise hierher erzählen muss.

Die Woche in den Schären ist eine Motorwoche. Gegenwind. In den engen Gewässern mit Unterwasser-Gemeinheiten mag ich nicht gegenan kreuzen. Aber die Gegend entschädigt. Einfach wunderbar! Man stelle sich vor, man habe den Schwarzwald zu 80 % geflutet – so ungefähr sieht das aus. Je weiter ich nach Westen komme, also Richtung Stockholm, desto dichter wird die Bebauung am Ufer, war ja auch nicht anders zu erwarten. Aber immer mit Einzelhäusern. Typisch: Haus oben, Treppe, Sauna und Bootssteg unten am Wasser. Saunahäuschen manchmal auch in uriger Form. So lässt sich’s leben.

Hab viel geankert diese Woche. Heute bin ich in und auf Vaxholm angekommen. Eine Insel östlich von Stockholm mit gleichnamigem Ort drauf. A vibrant marina – in jeder Beziehung. Trubelig, laut, viel Verkehr (im Hafen!), jede Menge Fähren draußen und vor allem Schwell. Schwell durch den mächtigen Wind heute Mittag, aber natürlich auch durch die Schiffe die hier hin und her düsen. Endich gibt es einen Nautikshop am Hafen, und ich bin sofort los und erledige, was ich schon seit Wochen machen will: Ruckdämpfer für die Vorleinen kaufen. Das sind scharze Gummipömpel, die in die Leinen eingeflochten werden (siehe Foto). Die Häfen sind hier kaum nach außen geschützt, Wellen laufen ungestört rein und lassen die Boote tanzen. Achtern kein Problem, da ist das Boot per Heckboje oder -anker fixiert und das dämpft schön. Aber die Bugleinen sind arg strapaziert, vor allem auch die Belegklampen an Bord. Jetzt nicht mehr. Die beiden Leinen sind übrigens auch neu. Ich habe das Gefühl, dass die alten mittlerweile überdehnt sind.

Zum Schluss mein fotografisches Lieblingsthema. Aufgenommen über das Heck meines Bootes in der oben besungenen Felsenbucht.

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