… mit der Saison 2014. Ja und das war’s auch vorerst mit den Niederlanden. Hä??? – würde der Emsländer jetzt erstaunt aber knapp fragen. Halten wir den Spannungsbogen noch ein bisschen aufrecht, ich werde erzählen.
Jetzt aber erst mein Saisonabschlusstörn. Eigentlich war er ja zweigeteilt: letzte Woche vier Tage mit den Reiterseglern auf ’nem Plattboden-Charterschiff (kommt auch noch) und gleich anschließend noch mal vier Tage allein. Natürlich mit Rüm Hart! Montag lege ich in Warns ab, nach Enkhuizen. Am nächsten Tag nach Medemblik. Und heute komme ich aus Makkum zurück und liege wieder im Heimathafen in Warns. Rund 70 Seemeilen mit sehr gemischten Gefühlen, See- und Wettervehältnissen.
Stimmungsmäßig startet der Solotörn eher verhalten. Direkt nach den sehr spaßigen Reiterseglertagen auf einmal kaputt und groggy allein an Bord zu sein fällt schwer. Gern wäre ich auch zuhause und würde erzählen und Fotos zeigen. Das ändert sich am Montag als ich den Diesel unter den Füßen vibrieren fühle, die Pinne in der Hand habe, die Bewegungen des Bootes unterm Hintern spüre und vor der Schleuse von Stavoren an den Wartesteiger gehe. Süd-Süd-Ost-Wind – und ich bin gespannt, ob ich Enkhuizen direkt anliegen kann.
Kann ich nicht. Ein Kreuzschlag ist notwendig. Aber das Segeln hoch am Wind ist eine Freude. Ich steuere von Hand, verzichte auf den Autopiloten. Das Wasser relativ glatt, und Rüm Hart zieht wie losgelassen dahin. Ich trimme ein bisschen rum, erreiche schließlich eine Höhe zum scheinbaren Wind von knapp über 30 bis 33° und lege kurz vor Andijk einen Wendewinkel von knapp über 80° hin. Sorry an die nicht-Nautiker für das Fachchinesisch, aber irgendwie muss ich meine Heldentaten ja preisen.
Am Dienstag bekomme ich die Hucke voll. Voll Wasser. Auf dem 2-Stunden-Törn nach Medemblik gießt es wie aus Kübeln, und mein T-Shirt unter dem Segelanzug ist nass (Sommerpelle, ich kann den Kragen nicht hoch genug schließen). Tropfnass mache ich in Medemblik fest und lege mich erstmal trocken. Ein Gang durch die Stadt, durch den Hafen und zum Supermarkt, dann wird das Eingekaufte zum Abendessen verwertet. Später wechsel ich zum Espresso, Genever und Rotwein (in dieser Reihenfolge) auf das Boot von Peter, der auch allein unterwegs ist und für das nächste Jahr ähnlich Pläne hat wie ich. Netter Abend.
Mittwoch ein langer Schlag nach Makkum, und ich liege wie immer an der Außenpier. Ich liebe diesen Platz. Steuerbord der Kanal mit interessantem Verkehr und am anderen Ufer das Naturschutzgebiet. Backbord alle Annehmlichkeiten sanitärer und konsumtiver Art, die eine große Marina halt bietet. Mein letzter Fremdhafen in dieser Saison. Ich feiere das mit einem sehr leckeren Schnitzel und zwei Biertjes im „Beaufort“, der sehr urigen Hafenkneipe.
Heute – Donnerstag. Das „letzte Mal“ startet aber sowas von düster und grau. Ich lege gegen 10 ab und entscheide mich für die Navibeleuchtung, so unsichtig und duster ist es. Sichtweite deutlich unter einer Meile. Die beiden Yachten, die mit mir aus dem Kanal ins Ijsselmeer auslaufen, müssen mich für bescheuert halten: ich fahre drei bis vier große und langsame Kringel. Auftrag von Raymarine, dem Hersteller meiner Navigationselektronik. Ich muss den Autopiloten neu kalibrieren. Auf diese Art lernt er alle 360 Himmelsgrade einzeln kennen …
Dann fängt es an zu kacheln, und ich habe die vollen Segel oben. Lasse ich auch. Rüm Hart liegt auf der Backe und schiebt schräg durch’s Leben. Nur zwischendurch mal pinkeln gehen, sich halb aus dem Segelanzug pellen, ist ein zirkusreifer Akt. Sieht aber keiner, ist auch besser so …
Kurz vor Medemblik dreht der Wind auf einmal schlagartig um 20 bis 30 Grad. Ich wende und habe nun einen schier wahnsinnigen Halbwind- bis Raumschotkurs bis zur Schleuse von Stavoren. Das muss einfach von Hand gesegelt werden, herrlich auf der hohen Kante zu sitzen und mit ständig über 6,5 Knoten nach Osten zu pflügen!
Das war’s dann tatsächlich. Schleusen, tanken, Gas kaufen und ich bin wieder in Warns.
Danke ihr Niederländer, dass ihr euer Paradies mit mir teilt! Das muss doch mal ganz pathetisch gesagt werden. Und nein, ich bin stocknüchtern. Jetzt allerdings werde ich die letzte Flasche Rotwein aufmachen. Gekauft im Supermarkt von und zu Medemblik.
Zum Wohl allerseits.
PS: alle Fotos aus den letzten vier Tagen, mit ganz wenig Photoshop. Anklicken zum Vergrößern
Schöner Bericht. Komm gut durch den Winter!
Grüße vom Käpt’n der La Pirogue
Tolle Bilder.
Echt tolle stimmungsvolle Bilder.
Es war schön, mit dir zu plaudern in Medemblik.
Ich hatte gestern auf der Rückfahrt mit dem Pkw Pech. Bei Kampen hat ein Holländer gepennt und ist mir im Stauende mit Krawumm hinten drauf gerauscht. Der Kleinwagen von ihm was Schrott, ich konnte noch weiter nach Hause fahren. Heckschürze eingedrückt, Kofferaumschale unten gebrochen, Auspuff gestaucht und röhrt wie ein Formel 1. Aber besser von dem Kleinwagen gebumst zu werden als von einem 40-tonner.