Eine Woche alleine segeln liegt mal wieder hinter mir. Erst hatte ich ja überlegt ins Watt zu gehen, aber dann war mir spontan nach entspanntem Herumtrödeln auf dem Ijsselmeer. Und so war’s dann auch – entspannend und trödelig. Mit schwachen bis mäßigen Winden, zu viel Sonne, schon deutlich kürzer werdenden Tagen und netten Begegnungen.
Zum Beispiel mit Hugo und Erwin. Die Beiden wollen mich doch partout nicht allein segeln lassen, als ich in Enkhuizen ablege. Bis nach Makkum begleiten sie mich. Immer mal wieder heben sie ab, fliegen ne Runde um’s Schiff, schnell mal kontrollieren ob alles in Ordnung ist, und dann sind sie wieder im Landeanflug auf ihre Ecke. Nette Kerle die beiden. Nicht sehr gesprächig, aber einfach da. Hugo ist recht zutraulich, lässt sich sogar hinterm Ohr kraulen. Während Erwin ein bisschen verfressen ist. Der will doch glatt was von meinem Apfel abhaben. Na ja, bekommt er dann ja auch …
In Makkum, direkt nach dem Ablegen, sind sie ohne eine Wort verschwunden – ich sag ja, schweigsame Burschen. Hafenstunden sind wohl nicht ihr Ding. Oder das sind so ganz heiße Seemänner, die in jedem Hafen ne Freundin haben.
Ich denke, die Beiden haben mich anhand meiner neuen Einhandsegler-Flagge am Achterstag als Bord-Single identifiziert und meinten, mir Gesellschaft leisten zu müssen. Oder sie verwechseln da was und halten das für die Japan-Flagge. Vielleicht sind sie ja aufgrund ihrer Herkunft und Abstammung den Asiaten besonders zugeneigt. Welche Enttäuschung muss dann der Apfel aus dem Alten Land für Erwin sein! Sorry, Kumpel!
Dabei wären sie nicht die Ersten, die dieser Verwechselung erliegen. Nein mit Japan hat das nichts zu tun. Es ist eigentlich das Flaggensignal für die Zahl „1“ und bedeutet mittlerweile unter Seglern, dass der Skipper allein an Bord ist. Dass er zum Beispiel ganz froh wäre, wenn jemand beim Anlegen die Leinen annimmt oder dass er vielleicht bei Schleusenmanövern etwas länger benötigt und um Verständnis bittet. So irgendwie …
Tja, ich hab’s Hugo und Erwin erklärt, aber sie haben mich ungläubig angeschaut. Möchte doch mal wissen, was sie sich so gedacht haben …
Vor Jahren hatten wir einen ganzen langen, kalten Winter lang, eine einzelne Stubenfliege im Wohnzimmer. Wir haben sie Euphrosynia getauft. Sie war äußerst vorsichtig, mied offene Fenster und Türen und wurde nie lästig. Rücksichtsvoll landete sie nie auf Menschen, sondern bevorzugte schon am Morgen die Tischdecke nach dem Frühstück. Sehr zierlich saugte sie an Zuckerbröseln oder Kaffeetropfen. Dann summte sie mit etwas erhöhter Drehzahl davon. Im Frühjahr war sie dann plötzlich weg. Wir wünschten ihr viel Erfolg und Spaß mit einem Fliegenmann und gutes Eierlegen.
Reinhard